1. Wie bist du mit dieser Pandemie als Sportlicher Leiter des SV Altenmittlau umgegangen?
Zu Beginn war es, wie für alle anderen auch, eine absolut komische, teilweise surreale Situation. Nach den Spielen gegen Flörsbachtal im März 2020 war die Runde ja quasi beendet, und es wurde mehr oder weniger verboten, seinem Hobby nachzugehen. Viel schwerwiegender waren sicherlich die fehlenden regelmäßigen persönlichen Zusammenkünfte mit Spielern, Vorstandskollegen, Zuschauern bei Trainingseinheiten, Spielen etc. Nachdem man sich dann sortiert hatte, blieb einem dann leider nur die Möglichkeit, via Telefon, WhatsApp oder anderer Social-Media- Kanäle in Kontakt zu bleiben. Im Rahmen des Erlaubten hat man sich auch mal persönlich getroffen. Nachdem dann klar war, dass sich die Situation über Wochen und Monate hinziehen würde, haben Lars und Marc, sowie Raphael Peter regelmäßige „Online-Workouts“ angeboten. So bestand zumindest die Möglichkeit, virtuell miteinander „zu trainieren“ und die Jungs, wenn auch nur am Bildschirm, mal wieder in größerer Anzahl zu Gesicht zu bekommen.
2. Waren die Entscheidungen des Verbandes/Kreises nachvollziehbar (Abbruch und dann der Neustart)?
Im Nachhinein wurde hier richtig gehandelt. Ich denke, es war für die meisten am Anfang nicht vorstellbar, dass die Runde abgebrochen wird. Aber nachdem sich die Situation im Frühjahr 2020 dann nicht gebessert hat, war es die richtige Entscheidung. Aus sportlicher Sicht war es wenigstens ein kleiner Trost, dass über die Quotientenregelung Auf- und Absteiger ermittelt werden konnten. Die Runde 20/21 war ein Muster ohne Wert. Aufgrund der damals noch geltenden Quarantäneregeln hatte man mehr Pause als Spiele oder Trainingseinheiten. Dass die Runde dann ohne Wertung abgebrochen wurde, war leider schon nach den ersten Wochen der Saison absehbar.
An dieser Stelle auch mal ein Lob an Gerhard Pfeifer und seine Kollegen des KFA Gelnhausen. Die Verantwortlichen haben die Vereine stets in die Gedankengänge und Entscheidungen im Rahmen des Möglichen einbezogen. Es gab regelmäßige Videokonferenzen, in denen über den jeweiligen aktuellen Stand informiert wurde.
3. Der Startschuss für die neue Saison ist mittlerweile erfolgt. Was erwartest du vom Verlauf (Durchführung, Abbruch, Ende)?
Zum einen macht das aktuelle Modell (Vorrunde, anschließend eine Meister-/Abstiegsrunde) Sinn. Man plant, bis Ende November eine komplette Vorrunde (50% der Spiele) durchzuführen, damit wäre im absoluten Ernstfall eine Wertung, zumindest laut Statuten, möglich. Sollte das Infektionsgeschehen nochmal über den normalen Rahmen aufflammen, ist aufgrund der längeren Winterpause (Meister-/Abstiegsrunde beginnt Anfang März) ausreichend Luft, diese Zeit zu überbrücken, ohne dass sehr viele Spiele ausfallen. Vielleicht wird solch ein Modell auch dauerhaft etabliert.
4. Sind noch genügend Ehrenamtliche, die dich unterstützen, an Bord?
Ich würde behaupten, dass wir beim SVA im Allgemeinen sehr gut aufgestellt sind, was ehrenamtliche Helfer angeht. Wir haben in allen Bereichen Personen, denen der Verein über dem normalen Maß am Herzen liegt; dementsprechend auch das außergewöhnliche Engagement.
Im sportlichen Bereich haben wir mit Walter Nussbaum, Lucas Betz, Tobias Dedio und mir einen festen Stamm von vier Personen. Wir teilen die Aufgaben hier relativ flexibel und nach Bedarf auf.
5. Wie beurteilst du das Modell mit einer kompletten Vorrunde für alle und der anschließenden Teilung in eine „Meisterschaftsrunde“ und eine „Abstiegsrunde“?
Wie bereits erwähnt, finde ich das Modell aufgrund der aktuellen Situation gut. Nachdem in der letzten Runde die Liga zweigeteilt wurde, spielt man nun mindestens einmal wieder gegen jeden Verein und trifft somit, teilweise nach über zwei Jahren, auch mal wieder Freunde, Spieler, Funktionäre anderer Vereine.
Persönlich denke ich, dass vor allem die Meisterrunde eine richtig interessante Sache ist, wenn die sechs stärksten Mannschaften nochmal in Hin- und Rückspiel aufeinandertreffen. Hier zählen dann die Ergebnisse der Vorrunde – auch gegeneinander – nichts mehr, die Karten werden neu gemischt.
6. Was sind eure Ziele für die Vorrunde/Saison?
Das A-Team sollte natürlich das Ziel haben, unter die TOP6 zu kommen, dies wird allerdings alles andere als einfach. Mit Bernbach, Breitenborn, den beiden Wächtersbacher Vereinen, Neuses, Flörsbachtal, Kassel, Rothenbergen ist die Konkurrenz entsprechend groß
Grundsätzlich wollen wir uns aber auch im spielerischen Bereich weiterentwickeln und die Spieler aus der eigenen Jugend an die KOL heranführen. In der Schlussphase gegen Breitenborn standen acht (!) Spieler aus der eigenen Jugend auf dem Platz. Hier erwarte ich auch entsprechendes Verständnis der Zuschauer. Man kann nicht immer verlangen, dass man in der KOL oben mitspielt und mal so locker nebenbei 3-4 Spieler mit 18 Jahren in die Mannschaft integriert.
Für ein B-Team ist es schon ein Erfolg in der A-Liga zu spielen. Das hat sich unsere Mannschaft in den letzten Jahren jedoch auch hart und somit verdient erarbeitet. In der letzten „Abbruchsaison“ lief es teilweise schon „erschreckend gut“. Das primäre Ziel sollte es jedoch immer sein, nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben. Alles, was in der Tabelle weiter nach oben geht, nehmen wir gerne mit. Das B-Team hat sich in den letzten Jahren richtig gefunden, im sportlichen, aber vor allem im gesellschaftlich-kameradschaftlichen Bereich haben die Jungs allesamt riesige Schritte nach vorne gemacht.
Ich zitiere hier gerne einen Spielervater: „Das A-Team sollte das Gesicht und das B-Team das Rückgrat des Vereins sein“. Dieses Profil versuchen wir Schritt für Schritt zu schärfen.
7. Der Sportliche Leiter ist nicht verantwortlich für das System, das eine Mannschaft spielt. Wie begegnest du jedoch unseren Zuschauern, die teilweise das „Hin- und Herschieben“ im Spielaufbau kritisieren ?
Ich selbst bin ja regelmäßig Zuschauer im Stadion bei unserer Eintracht. Da bin ich wie 50.000 andere auch Trainer und bilde mir ein, Dinge besser zu wissen als die Fußballlehrer. Fakt ist aber auch, dass ich nicht dabei bin, wenn die Jungs trainieren oder die taktischen Anweisungen der Trainer kommuniziert werden, so ist es auch beim SVA. Wenn jedoch ein erfolgreicher Trainer von Weltniveau das erwähnte „Hin- und Hergeschiebe“ als modernen Ballbesitzfußball bezeichnet, klingt das schon wieder positiver.
Wir sind nun erst seit zwei Wochen mehr oder weniger komplett. Zu Rundenbeginn gab es sehr viele Verletzte und ebenso viele Urlauber. Nun aber haben die Trainer die Möglichkeit, ihre Spielidee noch besser umzusetzen. Dass unsere Spieler das können, hat die vorletzte Runde zu Genüge gezeigt.
Grundsätzlich haben die Zuschauer natürlich das Recht, ihre Meinung zu äußern, sie sollten dabei aber auch die Umstände im heutigen Amateurfußball nicht außer Acht lassen und in ihre Bewertung einbeziehen. Die Zeiten haben sich doch enorm geändert. Ebenso möchte ich erwähnen, dass wir zu Hause in dieser Runde noch ungeschlagen sind!
8. Welchen Tabellenstand werden A- bzw. B-Team nach der Vorrunde einnehmen?
Ich hoffe, das A-Team schafft es unter die TOP6, die Aufgabe wird allerdings schwer. Nachdem nun alle Urlauber und Verletzten fast komplett wieder zurück sind, hoffe ich, dass wir nun eine kleine Serie starten und uns oben festbeißen können.
Das B-Team wird mindestens einen gesicherten Mittelfelddplatz erreichen und am Ende nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Wenn alles perfekt läuft und die ambitionierten Vereine schwächeln sollten, wäre auch ein TOP6-Platz nicht unrealistisch.
WaBi und D.Th. 3.10.21